Zahnarztangst? Nein, Danke!
Der erste Besuch ist entscheidend
Gut zehn Prozent der gesamten Bevölkerung leiden unter einer Zahnbehandlungsphobie: Bei diesen Menschen sind die Ängste vor dem Zahnarzt so stark, dass sie jahrelange Schmerzen und kosmetische Beeinträchtigungen in Kauf nehmen werden, nur um nicht zum Zahnarzt zu müssen.
Die Ursachen dieser Phobie liegt zu über 80 Prozent in traumatischen Zahnarzterlebnissen im Kindes- bzw. Jugendalter. „Von besonderer Bedeutung ist daher der erste Besuch beim Zahnarzt. Hier werden die ersten Eindrücke darüber, was Zahnarzt überhaupt bedeutet, abgespeichert“, erläutert Dr. Thomas Wietzorke, Zahnarzt in Münster-Hiltrup und selber Vater von drei Kindern. Wichtig ist, dass Kinder den ersten Kontakt mit dem Zahnarzt, dem Praxisteam und der Praxis unbefangen und unbelastet erleben. Dieser Termin sollte im Alter von ca. sechs bis neun Monaten sein. Zu diesem Zeitpunkt brechen die ersten kleinen Milchzähnchen im Unterkiefer durch.
Spielerisch
Man sollte nach einer Praxis suchen, die sich schwerpunktmäßig mit Kinderprophylaxe und Kinderbehandlung beschäftigt. Sinnvollerweise sollte der erste Termin nur ein Untersuchungs- und kein Behandlungstermin sein. Optimal für den ersten Besuch beim Zahnarzt ist eine Prophylaxesitzung von Mutter oder Vater, die selbst keine Zahnarztangst haben. So kann das Kind auf dem Bauch von Mama bzw. Papa zuschauen, wie die Prophylaxehelferin die Zähne säubert. „Das Kind registriert: Die sind alle nett hier, Mamas Zähne werden sauber gemacht und Mama freut sich darüber“, erläutert Dr. Dennis Grobe, Assistenzarzt mit dem Schwerpunkt Kinderzahnheilkunde in der Praxis Dr. Wietzorke. In dieser Gesamtsituation ist es sehr einfach, auch das Kind dazu zu motivieren, seine ersten Zähne einmal stolz zu zeigen. Das Kind kann zudem auf spielerische Art den Behandlungsstuhl und die benötigten Instrumente (Spiegel, Sonde, Luftpüster) kennenlernen: „Kennst du schon den Fliegerstuhl, soll ich Dir mal zeigen, was der alles kann?“ „Komm wir gucken uns mal deine Zähne an, du nimmst diesen Spiegel und ich diesen hier und dann schauen wir uns mal zusammen an, was sich da alles bei dir im Mund versteckt.“
So erläutert Dr. Grobe die Kommunikation mit den jüngsten Patienten. Anschließend darf sich das Kind aus einer Schatztruhe mit kleinen Spielzeugen ein Geschenk aussuchen. Der erste Kontakt mit dem Zahnarzt ist somit gelungen und das Kind ist motiviert, in Zukunft wieder in die Praxis zu kommen, zumal in der Schatztruhe noch ganz viele andere Sachen waren, die es auch gerne hätte.
Mutter bzw. Vater wird in dieser ersten Kinderprophylaxesitzung zudem gezeigt, welche Zahnbürste für das Kind die richtige ist, wie und wann die Zähne geputzt werden sollten, und sie erhalten weitere Tipps zur richtigen Zahnpflege. In der Folge sollte man mit seinem Kind drei bis vier Mal im Jahr den Zahnarzt aufsuchen.
Was tun bei Karies?
So kann, falls es dann doch zu einer Karies gekommen ist, diese bereits im Frühstadium behandelt werden. Ein Loch im Zahn ist für das Kind natürlich wieder eine neue Situation und oft machen die Reaktionen von Mama und Papa ihm noch zusätzlich Angst. „Sie sollten versuchen Ihrem Kind zu erklären, woran es liegt, dass es nun ein Loch hat und dass der Zahn jetzt wieder heile gemacht werden muss, aber vermeiden Sie Worte wie ,bohren‘ und ,spritzen'“, sagt Thomas Wietzorke. In der kommenden Behandlungssitzung sollte der Zahnarzt versuchen, die spielerische Situation von den Kontrolluntersuchungen wieder aufzunehmen. „Soll ich Dir mal meine Helfer vorstellen? Das hier ist mein Wassersprüher, er schreit gleich die ganzen kleinen Bakterien, die in deinem Loch sitzen, ganz laut an und spült sie dann weg. Pass auf, nicht erschrecken, ich zeig Dir das mal. – Zahnarzt nimmt einen Becher zur Hand und sprüht Wasser herein – Siehst du, wie laut das ist? Und siehst du das ganze Wasser? Damit du das nicht alles trinken musst, habe ich meinen anderen Helfer hier. Das ist der Rudi-Rüssel und der saugt das ganze Wasser weg. Guck! Möchtest du das auch mal ausprobieren?‘ Auf diese Weise hat das Kind die lauten Geräusche, die gleich bei der Behandlung entstehen, schon kennengelernt und empfindet sie durch das spielerische Umfeld als positiv. Oft hilft es auch, wenn die Kinder ihr Kuscheltier mitbringen, das natürlich jetzt auch ein Loch hat, welches nun ebenfalls heile gemacht werden muss.
Wenn das Loch doch etwas größer ist und eine Betäubung notwendig wird, benutzen die Mitarbeiter in der Praxis Wietzorke einen „Zauberfüller“, der den Zahn zum Einschlafen bringt. „Wichtig ist, dass du gleich ganz fest deine Augen schließt, damit dein Zahn weiß, dass er schlafen soll. Der Füller kratzt ein bisschen, aber danach schläft dein Zahn, und du merkst nichts mehr.“ Um den Pieks beim Einstich angenehmer zu gestalten, kann das Zahnfleisch zuvor mit einer Oberflächenbetäubung (Schlafwasser) behandelt werden. Etwas unangenehm bleiben eine Betäubung oder eine Füllung aber dennoch. „Besonders wichtig ist dann, dass wir ehrlich zu den Kindern sind und auch sagen, dass es etwas weh tun kann, oder für ein paar Sekunden einmal drückt, denn ansonsten ist das zuvor geschaffene Vertrauensverhältnis ganz schnell wieder zerstört“, beschreibt Dr. Wietzorke seine Erfahrung mit Kinderpatienten.
Im Kindergarten
Ab dem dritten Lebensjahr sollten Kinder auch über die zahnärztliche Betreuung der Kindergärten an das Thema Zahnarzt herangeführt werden. In enger Kooperation zwischen Kindergärten und Zahnarztpraxen sollten jährlich gruppenprophylaktische Maßnahmen durchgeführt werden. Dabei stehen drei Aspekte im Mittelpunkt: Angstabbau, Optimierung der Zahnpflege und Ernährungsberatung. Zum Angstabbau werden den Kindergartenkindern in der Zahnarztpraxis die zahnärztlichen Instrumente und Behandlungsgeräte gezeigt und erläutert. Die Möglichkeit alles anzufassen, erklärt zu bekommen und spielerisch zu erfassen, stellt in diesem Alter die optimale Angstprophylaxe dar.
Hier gibt es diesen Beitrag als PDF-Format.
November 2010
www.dr-wietzorke.de
Quelle: MORITZ
Fotos: Praxis Wietzorke